11. Tag der Archäologie am 19. November

„Von Schlüssellochgräbern, Scheiterhaufen und Münzen“

 

Im Jahr 2023 kann der Heimatverein Visbek bereits seinen 11. Tag der Archäologie begehen. Bei der diesjährigen Veranstaltung laden die Gemeinde und der Verein alle Interessierten am Sonntag, den 19. November 2023, im Gasthaus Hogeback, Erlte 7, 49429 Visbek, ab 14.00 Uhr ein. Um Anmeldung bis zum 11. November 2023 per E-Mail (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) oder Telefon  (vormittags – 04445-988985) wird gebeten.

Es werden in diesem Jahr v. a. Gräber im Mittelpunkt stehen. Zum einen wird der Archäologe Dr. Christopher Otto von denkmal3D aus Vechta von seinen Grabungen in Essen (Oldenburg),  Lkr. Cloppenburg, berichten. Es konnte ein vorgeschichtliches, über mehrere Jahrhunderte genutztes Gräberfeld in Teilen erfasst werden, das einmalige Einblicke in die Vergangenheit der Region liefert. Gefunden wurden sog. Schlüsselloch- und Buckelgräber, Verbrennungsplätze, Urnen und vieles mehr. Die Befunde und Funde werden erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

Den Bogen zu den Visbeker Tagen der Archäologie 1 bis 7 (2012–2018) schlägt im Anschluss Andreas Hummel. Er konnte seine umfassenden Untersuchungen zum 2011 entdeckten Gräberfeld am Uhlenkamp in diesem Jahr im Rahmen seiner Dissertation abschließen und präsentiert nun die mit Spannung erwarteten Ergebnisse. Es wurden über 400 Gräber, darunter zahlreiche Scheiterhaufenkonstruktionen, Körper- und auch Pferdegräber vollständig bearbeitet und ausgewertet. Befund- und Fundanalyse ließen – trotz schlechtem Knochenerhalt und hohem Erosionsgrad – Aussagen zur Gräberfeldstruktur und zur Datierung des Friedhofs in das 7.-9. Jh. zu. In Nordwestdeutschland, wo bisher nur wenige Friedhöfe vollständig vorgelegt worden sind, nimmt Visbek daher eine Sonderstellung ein.

Mit dem dritten Vortrag geht es nach Ostfriesland. Dr. Jan Kegler von der Ostfriesischen Landschaft

präsentiert den ersten römischen Münzschatz, der seit über 100 Jahren in diesem Raum entdeckt worden ist. Es handelt sich um 95 Silbermünzen der ersten zwei nachchristlichen Jahrhunderte.

Wiederentdeckt wurde er von einer Gruppe von Metalldetektorgängern. Der Vortrag schildert den Weg von den Vorarbeiten, über die Entdeckung bis zu einer öffentlichen Präsentation. Das Projekt „Münzhort von Filsum“ ist ein Citizen Science Projekt in Kooperation mit der Ostfriesischen Landschaft. Gefördert wird das Projekt durch die Regionale Kulturförderung des Landes Niedersachsen.

Wie immer besteht für die Gäste die Möglichkeit, Original-Fundstücke zu begutachten. Außerdem kann von 10.00–13:00 Uhr das ArchäoVisbek, Rechterfelder Str. 1, 49429 Visbek, besucht werden. Der Eintritt ist frei.    

Andreas Hummel

Essen. Fast vollständig erhaltene Urne, Profilansicht (Christopher Otto©)

Visbek-Uhlenkamp II. Perlenkette aus Grab 47 (Foto: denkmal3D)

Visbek-Uhlenkamp II. Röntgenbild, Umzeichnung und Rekonstruktion des Saxes aus Grab 179 (zusammengestellt von A. Hummel)

Rückseite eines Denars des Marcus Aurelius, als Ceasar (146-147) mit der Darstellung der Fides nach rechts stehend mit Ähren und Obstschale (Foto: Sebastian Heibült)

In Visbek ist überall Archäologie

Bericht von Bernd Gerwanski

„Der Wissensdurst zum Thema Archäologie ist ungebrochen“, stellte Antonius Mönnig, stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Visbek, fest, als er die zahlreichen Teilnehmer des 11. Tages der Archäologie begrüßen konnte. Der Heimatverein Visbek hatte in Zusammenarbeit mit der Gemeinde den großen Saal im Gasthaus Hogeback in Erlte mit Bedacht gewählt, um all die Interessierten aufnehmen zu können. Darunter waren auch viele Fachleute und Gäste aus den benachbarten Regionen.

3 Referenten stellte Manfred Gelhaus, der Vorsitzende des Heimatvereins, dem Publikum vor. „Dabei schauen wir auch über die Grenzen der Gemeinde Visbek hinaus“, erklärte er, „und zwar zuerst nach Essen in Oldenburg.“ Und so stand zunächst der Archäologe Dr. Christopher Otto von der Firma denkmal3D aus Vechta im Mittelpunkt, der von seinen Grabungen in Essen erzählte.

Nach einer Voruntersuchung 2019 fanden diese Grabungen nun Anfang dieses Jahres statt. Der Referent berichtete über die Funde, zu denen sogenannte Schlüssellochgräber gehören, Verbrennungsplätze, Kreis- und Rechteckgräben, Urnen und einige weitere. Diese Funde seien in einer Tiefe von 1,20 bis 1,30 Metern gemacht worden.

Aber woher wisse man im Vorfeld, dass es sich lohne, an bestimmten Stellen zu graben, fragte im Anschluss an den Vortrag ein Gast. Die Antwort gab schließlich Dr. Jana Esther Fries, Referatsleiterin im Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege: „Das ist eine alltägliche Frage, der wir uns stellen müssen. Im Raum Visbek ist es jedoch einfach. Hier ist überall Archäologie.“ Natürlich würden aber vorher Stichproben gemacht, wenn die Vermutung bestehe, eine Grabung könne sich lohnen.

Danach referierte Andreas Hummel zu seinen Untersuchungen zum Visbeker Gräberfeld Uhlenkamp II. Einzelne Teilergebnisse hatte er bereits mehrfach bekannt gemacht. Im Rahmen seiner Doktorarbeit führte er nun die Ergebnisse zusammen. Für die Funddatierung erfasste er vier Phasen, die vom 7. bis zum 9. Jahrhundert reichen. „In Visbek lässt sich vieles in einen historischen Kontext stellen“, sagte er abschließend. Denn hier gebe es bereits viele Forschungen.

Eine spannende Geschichte über den „Römischen Münzschatz von Filsum“ trug Dr. Jan Kegler vom Archäologischen Forschungsinstitut der Ostfriesischen Landschaft vor. Der ursprüngliche Fund datiert aus dem Jahr 1850, geriet aber in Vergessenheit. Münzen dieses Fundes gelangten jedoch nach Stade und wurden vor wenigen Jahren dort wiederentdeckt. Schließlich wurde im Jahr 2021 die ursprüngliche Fundstelle in Filsum noch einmal mit Unterstützung von Metalldetektorengängern untersucht. „Für Niedersachsen haben wir damit einen vergleichsweise großen Münzschatz entdecken können“, fasste der Referent zusammen.

„Schwere Kost – leicht und unterhaltsam serviert“, ließe sich angesichts der umfassenden Thematik sagen. Aber das Publikum war ohnehin neugierig auf diesen 11. Tag der Archäologie, den der Heimatverein ausrichtete. Und das es so weitergeht wünschen wohl alle.

Durch den Tag der Archäologie führten (von links) Antonius Mönnig (Stellvertretender Bürgermeister), Manfred Gelhaus (Vorsitzender des Heimatvereins), Dr. Christopher Otto, Dr. Jan Kegler und Andreas Hummel. Foto: Gerwanski

Archäologe Andreas Hummel M.A. stellt seine Dissertation vor

Am Samstag, 30.09.2023 konnte der Vorsitzende Manfred Gelhaus über 70 Gäste im Haus der Bildung und Familie zum Vortrag „Visbek im frühen Mittelalter. Das Gräberfeld von Visbek-Uhlenkamp Il –  Archäologische Auswertung und historisches Umfeld“ des Archäologen Andreas Hummel begrüßen.

Im Jahr 2011 wurde im Nordwesten von Visbek ein bis dahin völlig unbekanntes frühmittelalterliches Gräberfeld innerhalb eines vielschichtigen Bodendenkmals entdeckt. Es folgten ca. 1 Jahr lang andauernde Ausgrabungen der Firma denkmal3D aus Vechta. Mit dabei war auch der Archäologe Andreas Hummel, der sich in der Folgezeit der umfassenden Aufarbeitung des frühgeschichtlichen Fundplatzes widmete. Neben seiner regulären Arbeit bei denkmal3D (bis Januar 2015) sowie beim Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (03/2017 bis heute) bearbeitete er ab 2015 intensiv die Befunde und Funde des Friedhofes und initiierte und koordinierte zusammen mit zahlreichen Wissenschaftlern, Institutionen und auch der Gemeinde und dem Heimatverein Visbek diverse archäologische Teilprojekte. All dies führte er im Rahmen einer im Mai 2023 an der Universität Münster eingereichten Dissertation zusammen.

In der Arbeit wurden über 400 Gräber, darunter zahlreiche Scheiterhaufenkonstruktionen, Körper- und auch Pferdegräber vollständig bearbeitet und ausgewertet. Befund- und Fundanalyse ließen trotz schlechtem Knochenerhalt und hohem Erosionsgrad Aussagen zur Gräberfeldstruktur und zur Datierung des Friedhofs in das 7.-9. Jh. zu. Seine Arbeit lässt nicht nur die Differenzierung in vier Friedhofsphasen zu, sondern verortet den Fundplatz auch in seinem siedlungsgeschichtlichen Kontext. Dabei geht der Blick nicht nur auf die Ausgrabungen in Visbek-Stüvenmühle (ab 2005) und der St. Vituskirche (1979), sondern insbesondere auch auf die historischen Quellen des 9. und 10. Jahrhunderts. In Nordwestdeutschland, wo bisher nur wenige Friedhöfe so vollständig vorgelegt worden sind, nimmt Visbek daher nun eine Sonderstellung ein.

Am Ende des Vortrages überreichte Andreas Hummel der Gemeinde und dem Heimatverein Visbek ein Exemplar seiner vierbändigen, über 1500seitigen Dissertation. Nach seiner Verteidigung an der Universität in Münster soll dann gemeinsam die Drucklegung des Werkes ins Auge gefasst werden.

Bürgermeister Gerd Meyer bedankte sich insbesondere auch im Namen des Rates der Gemeinde beim Referenten mit einer besonderen Flasche Wein vom Visbeker Weingut Osterloh und betonte die Bereitschaft der Gemeinde, den Druck seiner Dissertation finanziell unterstützen zu wollen. Ratsvorsitzender Klaus Muhle übergab im Anschluss einen Scheck über 3000 EURO von der Gemeinde. Walter Tönnies, Vorstand der Volksbank Visbek eG schloss sich dem Dank an und unterstützte das Vorhaben mit einem weiteren Scheck über 1000 EURO.

v.l. Bürgermeister Gerd Meyer, Vorsitzender Manfred Gelhaus, Referent Andreas Hummel, Walter Tönnies, Vorstand Volksbank Visbek, Ratsvorsitzender Klaus Muhle

Foto: F.J. Debbeler

Heimatverein Visbek und Fa. denkmal3D bieten SchülerInnen Einblicke in Archäologische Berufe

„Das Interesse an archäologischen Grabungen, Restaurierung und Ausstellung der Fundstücke ist groß“, so der Tenor der archäologischen Fachgruppe des Heimatvereins Visbek.

Ca. 500 Besucher – darunter viele Kinder und Jugendliche – besuchten im ersten Halbjahr das ArchäoVisbek. Am Zukunftstag (ehemals Girlsday) am 27. April meldeten sich fünf Kinder und Jugendliche beim Heimatverein Visbek und weitere sechs bei der Ausgrabungsfirma denkmal3D, um die verschiedenen Berufe auf diesem Gebiet kennenzulernen. Das Spektrum ist groß: Baggerfahrer, Grabungstechniker, Vermesser, Archäologen, Restauratoren.

In einer gemeinsamen Aktion der Fa. denkmal3D und dem Heimatverein Visbek wurden die Teilnehmer des Zukunftstages von Dr. Gösta Ditmar-Trauth, Amandine Colson und Hannes Näth in die Berufe eingewiesen, aktuelle Grabungen in Cloppenburg und Emstek mit den Archäologinnen Lucile Volk und Caroline Insogna (alle Fa. denkmal3D) aufgesucht und anschließend von Mechthild Vogelsang (Heimatverein Visbek) durch die Ausstellung im Archäologisch historischen Informationszentrum „ArchäoVisbek“ geführt.

Mit vielen Informationen und an Kenntnissen reicher, endete der Tag. Die TeilnehmerInnen waren sich einig, dass diese Veranstaltung sehr zu ihrer Berufsfindung beigetragen habe.

Foto: Manfred Gelhaus

Dr. Gösta Ditmar-Trauth und Bioarchäologin Caroline Insogna erklären den Teilnehmern des Zukunftstages die Verfärbungen im Boden.